Februar 1997: Timo Boll verpasst wegen Disziplinarstrafe Länderspiel in Castrop-Rauxel

Jörg Roßkopf und Speedy Fetzner spielten 1997 Länderspiel im Tischtennis in der Europahalle in Castrop-Rauxel. Timo Boll fehlte wegen einer Disziplinarstrafe.
Von Jörg Laumann
Als Veranstaltungsstätte für Konzerte, Shows und Kabarett hatte sich die große Halle am Castrop-Rauxeler Stadtmittelpunkt vor allem in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre einen Namen gemacht. Sport hingegen gab es in der Europahalle äußerst selten. Um sich als möglicher regelmäßiger Spielort für Tischtennis zu positionieren, hatte sich der Hallenvermarkter Forum GmbH 1997 beim Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) um die Ausrichtung des Europaliga-Gruppenspiels zwischen Deutschland und Schweden beworben und den Zuschlag erhalten.
eGroße Vorfreude
„Es war damals wohl das Anliegen des DTTB, mit Länderspielen auch in kleineren Städten vor Ort zu sein“, erinnerte sich Heinz-Günter Hiller, der Vorsitzende des Post SV am Donnerstag. Der Castrop-Rauxeler Tischtennis-Verein trat beim Europaliga-Spiel als Mitausrichter neben der Forum GmbH auf. „Der Verband wollte gerne, dass ein örtlicher Verein mit eingebunden wird“, sagte Hiller, „tatsächlich haben wir bei der Organisation des Abends aber keine nennenswerte Rolle gespielt.“
Die Vorfreude in der Stadt war in jedem Fall groß, zumal in Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner zwei der damals bekanntesten deutschen Spieler antreten sollten. Heute vor 20 Jahren, am 13. Oktober 1997, berichteten die Ruhr Nachrichten über eine Pressekonferenz die der Bundesliga-Profi, Einzel-Europameister und Doppel-Weltmeister Roßkopf in den Räumen der Forum GmbH gegeben hatte. „Die Pleite von Hannover aus den Köpfen bekommen“, lautete die Überschrift – eine Anspielung auf die verlorene Europaliga-Partie gegen Schweden aus dem Vorjahr.
Der damals 16-jährige Timo Boll, der später zum erfolgreichsten deutschen Tischtennis-Spieler aller Zeiten avancieren sollte, gehörte 1997 schon zum Nationalmannschafts-Kader, wurde aber für den Wettkampf in Castrop-Rauxel nicht nominiert. „Ich kann mich noch erinnern, dass er aus disziplinarischen Gründen nicht mitwirken durfte“, sagt Hiller. In der Tat wurde dies in der damaligen Vorberichterstattung thematisiert. Boll habe von Bundestrainer Glenn Östh eine „Denkpause“ verordnet bekommen, nachdem er sich vom Vorbereitungslehrgang des Nationalkaders abgemeldet hatte.
Ohne Boll, damals amtierender Jugend-Europameister, lief es für die Deutschen beim Europaliga-Spiel am 14. Oktober 1997 in Castrop-Rauxel allerdings nicht rund: Am Ende des Abends stand, nach zwischenzeitlicher 2:0- und 3:2-Führung, eine 3:4-Niederlage gegen die Schweden.
Buffet verpasst
Für den Post-Vereinsvorsitzenden Hiller war es ein arbeitsreicher Abend. Er verfasste einen umfangreichen Bericht für die Lokalpresse. „Den musste ich aufgrund des Spielverlaufs mehrfach komplett umschreiben“, sagte er. Bis in die späten Abendstunden war Hiller beschäftigt. „Dadurch habe ich auch das schöne Buffet verpasst“, kommentierte er schmunzelnd.
Mit mehr als 1000 Zuschauern bot die Europahalle seinerzeit eine stattliche Kulisse. Weitere Tischtennis-Events dieser Art blieben aber aus. Komplett von der sportlichen Landkarte verschwunden ist die Veranstaltungsstätte jedoch nicht. So hielt 2007 sogar König Fußball Einzug, als die Organisatoren der Spvg Schwerin einen Kunstrasen in der größten Veranstaltungshalle der Stadt ausrollten und dort die Hallenstadtmeisterschaft ausspielen ließen.